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29Januar 2021

Ausbildungsbericht

Aller Anfang ist schwer…

Ich habe eine Weile gebraucht, um den „richtigen“ Weg für mich zu finden. Abitur und was dann? Die wohl schwierigste Entscheidung, bei den vielen Möglichkeiten und Berufsfeldern die es gibt, als auch die verschiedensten Formen wie man sie einschlagen kann. Von der klassischen Ausbildung, dem Studium, dem Dualen Studium oder einer Ausbildung die mehrere Abschlüsse umfasst. Wir haben viel Auswahl, bald schon zu viel Auswahl!

Im Juni 2020 habe ich ein Praktikum bei Stuck Belz gemacht, um einen Einblick in das Berufsfeld des Stuckateurs zu bekommen. Zu Beginn war ich skeptisch, sah mich selbst nie in einem Handwerklichen Beruf, empfand es für Frauen ungewöhnlich und schwer. Doch der Beruf als Stuckateur umfasst eine sehr kreative und künstlerische Arbeit, bei den tollen Fassaden und Innenräumen, die gestaltet werden. Nach meinem Praktikum war ich begeistert, das Arbeiten auf der Baustelle gefiel mir und auch das Team ist super entspannt.

Lena - Stuck Belz

Ich wollte jedoch mehr machen als die klassische Ausbildung und es am liebsten gleich mit einem Studium kombinieren. Herr Christmann erzählte mir von dem Ausbau Manager, einer speziellen Ausbildung die erst wenig verbreitet und hauptsächlich im Süddeutschen Raum bekannt ist. Bei dieser Ausbildung erlernt man in 3 ½ Jahren nicht nur den Gesellen, sondern macht die Meisterprüfung direkt mit. Außerdem wird am Ende eine Managerarbeit verlangt, die von einem Professor der Uni Karlsruhe begleitet wird. Zusätzlich bekommt man auch die Möglichkeit parallel den Gebäude Energie Berater zu machen. Für mich besonders attraktiv war die Tatsache nicht nur auf der Baustelle zu arbeiten, sondern auch Einblicke in die Betriebswirtschaftslehre zu erlangen. Durch Fächer wie MIH (Management im Handwerk) werden wir in der Schule gezielt auf Unternehmensführung und Selbständigkeit vorbereitet. Voraussetzung für die Ausbildung ist das Abitur, Fachabitur oder eine abgeschlossene Berufsausbildung.

Das alles klang für mich unglaublich vielversprechend. Die 3 ½ Jahre unterteilen sich Blockweise in Berufsschule, überbetrieblich Ausbildung und Betrieb. Standort dafür ist Leonberg, in der Nähe von Stuttgart. In Rutesheim ist das Zentrum für Ausbau und Fassade und an dem Berufsschulzentrum im Nachbarort, finden die Blöcke der Theorie und die überbetriebliche Ausbildung statt.

Es gibt auch ein Gästehaus für die Unterbringung während des Unterrichts, wofür die Kosten getragen werden. Ich wollte die Zeit jedoch nutzen, um aus meinem gewohnten Umfeld rauszukommen und wollte nicht jedes Wochenende 400 km nach Hause fahren. All dies erforderte etwas mehr Planung, hielt mich jedoch nicht davon ab, ich suchte mir eine WG in Stuttgart und packte meine Sachen.

Meine ersten Wochen im Betrieb ging verblüffend schnell vorbei. Ich konnte viele Einblicke sammeln in allen Bereichen Putz, Stuck und Trockenbau und war gut vorbereitet für meine ersten Blöcke in Leonberg. In meinem Kurs sind 20 weitere angehende Ausbau Manager. Die meisten kommen aus Baden-Württemberg, ich bin mit einem Kommilitonen aus Hannover die Einzige, die von weiter wegkommt. Als Rheinländerin hatte ich natürlich anfangs mit dem schwäbischen Akzent zu kämpfen, aber fühle mich im Süden sehr wohl und genieße die Zeit. Die Leute sind nett und das Lernen und Arbeiten dort bereitet mir viel Freude.

Wenn ich die letzten 4 Monate Revue passieren lass, kann ich nur gutes von meiner Entscheidung berichten. Das Handwerkliche Arbeiten gefällt mir, es ist der perfekte Ausgleich zwischen Theorie und Praxis. Mein Betrieb macht tolle Arbeiten, wir arbeiten auf interessanten Baustellen und die Azubis werden optimal unterstützt und vorbereitet. Natürlich gibt es auch weniger schöne Seiten, man steht bei Wind und Wetter draußen, es ist körperlich anstrengend und man darf sich nicht zu schade sein um dreckig zu werden, aber das gehört nun mal dazu und sollte einem bewusst sein. Außerdem mag ich das Arbeiten mit den Jungs, mittlerweile gibt es sogar zwei Mädels, mit denen ich besonders gerne auf der Baustelle bin. Oft werden wir verwundert angeschaut oder gefragt „Oh zwei Frauen?“, „Wie kommt man dazu?“, „Das ist aber ungewöhnlich“. Jedes Mal lächeln wir uns sagen „Weil Handwerk Spaß macht!“. Und das ist auch so, man lernt einfach viele Kompetenzen dazu und kann sich im späteren Leben viel besser selber helfen. Vor allem wenn jemand zu mir sagt „Das ist doch viel zu schwer für dich “ dann möchte ich es erst recht machen. Ich kann mein eigenes Vorurteil nur verneinen, es ist nicht ungewöhnlich und erst recht nicht zu schwer.

Ich bin gespannt was die Zukunft bringt, es gibt Weiterbildungen, wie die des Restaurators, man hängt noch ein Studium dran oder entwickelt sich innerhalb des Gewerks weiter, wie anfangs erwähnt es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten. Ich kann den Betrieb und die Ausbildung zum Ausbaumanger jedem ans Herz legen und hoffe, dass er sich auch über die Süddeutschen Länder hinaus verbreitet.